BVerwG 3. Senat, Beschluss vom 21.05.2019, 3 B 8/19

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 3 B 8/19 (BVerwG)

vom 21. Mai 2019 (Dienstag)


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Der Rechtsstreit betrifft die Vorgaben für die Erhebung von Gebühren für amtliche Lebensmittelkontrollen aus Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 S. 1).

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1. Die Klägerin - ein auf die Schlachtung und Zerlegung von Fleisch spezialisiertes Lebensmittelunternehmen mit Sitz in Deutschland - betrieb bis August 2011 im Stadtgebiet der Beklagten einen Schlachthof mit Zerlegungsbetrieb für Schweine und Rinder sowie vereinzelt Schafe und Ziegen. Die hierfür erforderlichen Untersuchungen, Tests und Kontrollen führte das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt der Beklagten im Betrieb der Klägerin mittels dort gemieteter Räumlichkeiten und dafür vorgehaltenen Personals durch. Für diese Tätigkeiten erließ die Beklagte monatlich sechs gesonderte Gebührenbescheide - jeweils für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, für die Rückstandsuntersuchungen, für die Genusstauglichkeitsbescheinigungen, für die BSE-Probeentnahmen, für die BSE-Untersuchungen sowie für die Hygieneüberwachung im Zerlegungsbetrieb. Die Höhe der Gebührenfestsetzung war zwischen den Beteiligten stets streitig, seit 2008 griff die Klägerin einzelne Gebührenbescheide an.

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Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die mit Gebührenbescheid vom 10. Mai 2011 festgesetzten Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühren für April 2011. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch hat die Beklagte im Hinblick auf ein faktisches Musterverfahren nicht entschieden. In diesem hob das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 5. Februar 2015 (4 K 242/12) die angefochtenen Bescheide über Schlachttier- und Fleischuntersuchungsgebühren wegen Fehlern bei der Gebührenkalkulation antragsgemäß auf, soweit darin die unionsrechtliche Mindestgebühr überschritten worden ist; hinsichtlich ebenfalls angegriffener Rückstandsuntersuchungsgebühren wies es die Klage ab. Im August 2015 hat die Klägerin daraufhin Untätigkeitsklage im vorliegenden Verfahren erhoben.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Für die Untätigkeit der Beklagten gebe es einen zureichenden Grund, weil sich die Klägerin jedenfalls zunächst damit einverstanden erklärt habe, eine gerichtliche Klärung nur in einem Fall herbeizuführen. Sie habe der Zurückstellung des Erlasses eines Widerspruchsbescheids bis zu ihrem Teilobsiegen daher jedenfalls konkludent zugestimmt. Nunmehr habe jedoch auch die Beklagte ein Recht darauf, zunächst das Musterurteil in einem Berufungsverfahren klären zu lassen.

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Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert, den Gebührenbescheid antragsgemäß aufgehoben, soweit darin die unionsrechtliche Mindestgebühr überschritten worden ist, und die Beklagte insoweit zur Rückerstattung der bereits gezahlten Leistung verurteilt. Jedenfalls seit dem ausdrücklichen Widerspruch der Klägerin sei die Beklagte nicht mehr zur "Aussetzung" des Widerspruchsverfahrens berechtigt und die Klage mithin zulässig gewesen. Die Klage sei auch begründet. Dies folge bereits daraus, dass die Beklagte im jeweiligen Kalendermonat gesonderte Gebührenbescheide für einzelne Untersuchungstatbestände erlassen habe. Nach Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 müssten die Gebühren für alle im Betrieb der Klägerin im Festsetzungszeitraum durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen in einem Bescheid zusammengefasst und erhoben werden. Gegen diese Verpflichtung zur Festsetzung einer einzigen, zumindest additiven Gesamtgebühr habe die Beklagte verstoßen. Da eine Teilgebührenfestsetzung in mehreren Bescheiden zu einem zusätzlichen Prozess- und Kostenrisiko für den Gebührenschuldner und damit einer Belastung führe, könne ein Verstoß gegen die Vorgabe nicht als bloßer Verfahrens- oder Formfehler bewertet werden. Die Verletzung des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 führe vielmehr zu einer materiell-rechtlich fehlerhaften Regelung der Gebührenschuld. Eine nachträgliche Behebung des Mangels durch die Beklagte scheide aus, weil hierfür eine Änderung der bereits bestandskräftigen Gebührenbescheide für die Hygienekontrollen im Zerlegungsbetrieb und die BSE-Schnelltests im jeweiligen Kalendermonat erforderlich sei. Dem stehe § 21 Abs. 1 des Landes-Verwaltungskostengesetzes entgegen.

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Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, insbesondere liege keine grundsätzliche Bedeutung vor. Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 enthalte eine klare Regelung zur Gebührengesamtbildung und stelle auslaufendes Recht dar, weil die Norm mit Wirkung vom 14. Dezember 2019 durch die Verordnung (EU) 2017/625 ersetzt werde, die eine entsprechende Vorschrift nicht enthalte.

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2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beklagten ist unbegründet, sie zeigt weder eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf.

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a) Die Divergenzrüge benennt bereits keinen Rechtssatz, den das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Juli 2015 - 3 B 52.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:200715B3B52.14.0] - aufgestellt haben und von dem das Berufungsgericht abgewichen sein soll. Der Vortrag, das Revisionsgericht "scheine sich" der Auslegung des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 durch das damalige Berufungsgericht angeschlossen zu haben, genügt den Darlegungsanforderungen für den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 3 B 2.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:301018B3B2.18.0] - juris Rn. 28).

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Der benannte Beschluss enthält auch inhaltlich keine Festlegung zu der mit der Beschwerde in Bezug genommenen Frage, ob Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 als formelle "verwaltungstechnische" Regelung zu verstehen sei und ein Verstoß hiergegen daher nicht zwingend zur Aufhebung des Gebührenbescheids führen müsse.

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b) Die Beschwerde hat auch keine entscheidungserhebliche Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufgezeigt, die einer Klärung im Revisionsverfahren bedürfte.

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aa) Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung kann indes nicht bereits deshalb verneint werden, weil die streitentscheidende Regelung des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 mit Wirkung vom 14. Dezember 2019 aufgehoben ist (Art. 146 Abs. 1 der Verordnung <EU> 2017/625) und damit auslaufendes Recht beinhaltet.

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Zwar haben Rechtsfragen, die die Auslegung von ausgelaufenen oder in absehbarer Zeit auslaufenden Rechtsvorschriften betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, weil eine für die Zukunft richtungsweisende Klärung der Rechtslage nicht mehr erforderlich ist. Anderes gilt aber dann, wenn die Rechtsvorschrift, etwa aufgrund einer Übergangsregelung, für einen nicht überschaubaren Personenkreis weiterhin Bedeutung hat oder die Nachfolgeregelung dieselben Rechtsfragen aufwirft (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. April 2018 - 6 B 3.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:250418B6B3.18.0] - juris Rn. 4 m.w.N.).

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Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme dieser Ausnahmevoraussetzung sind hier gegeben, weil Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 noch für eine unbestimmte Vielzahl gegenwärtig noch gar nicht entstandener Abrechnungstatbestände die maßgebliche Rechtsgrundlage bildet.

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Es kann daher offenbleiben, ob der grundsätzliche Ausschluss des Zulassungsgrunds aus § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO für auslaufendes Recht auch bei Normen des Unionsrechts Anwendung finden kann (vgl. zur Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 AEUV im Fall der zulassungsbedürftigen Rechtsmittel EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - C-99/00 [ECLI:EU:C:2002:329], Lyckeskog - Rn. 16 und Urteil der Großen Kammer vom 16. Dezember 2008 - C-210/06 [ECLI:EU:C:2008:723], Cartesio - Rn. 76 sowie BVerwG, Beschlüsse vom 20. März 1986 - 3 B 3.86 - Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 59 S. 115 und vom 14. Dezember 1992 - 5 B 72.92 - NVwZ 1993, 770 m.w.N.).

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bb) Rechtsfragen zu Auslegung und Anwendung von Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 hat die Beschwerde nicht aufgezeigt, ihre Rügen betreffen allein die Fehlerfolgen. Die insoweit bezeichnete Frage,

"ob Art. 27 Abs. 7 VO 882/2004 als bloße Verfahrens- bzw. Formvorschrift auszulegen ist, deren Verletzung zwingend eine Rechtswidrigkeit eines oder mehrerer Gebührenbescheide bedingt, oder eine Aufhebung - bereits unionsrechtlich aufgrund von Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV, alternativ aufgrund § 46 VwVfG - nicht verlangt werden kann, wenn die Höhe der getrennt festgesetzten Gebühren insgesamt keine Doppelinanspruchnahme für gleiche Kosten beinhaltet",

kann aber - soweit entscheidungserheblich - auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens anhand der bestehenden Rechtsprechung hinreichend sicher im Sinne des Berufungsurteils beantwortet werden.

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Nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie ist es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten festzulegen, soweit Unionsregelungen nicht bestehen (stRspr, vgl. EuGH, Urteil der Großen Kammer vom 24. Oktober 2018 - C-234/17 [ECLI:EU:C:2018:853], XC - Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 2 C 11.16 [ECLI:DE:BVerwG:2017:060417U2C11.16.0] - BVerwGE 158, 344 Rn. 51). Sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Diese Grundsätze gelten auch für Fehlerfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2018 - 1 C 6.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:290818U1C6.18.0] - NJW 2019, 247 Rn. 31; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 44 Rn. 203a). Auch insoweit hat das nationale Gericht, vorbehaltlich entsprechender unionsrechtlicher Vorgaben, anhand der innerstaatlich geltenden Rechtsnormen die Rechtsfolgen einer Unvereinbarkeit mit Unionsrecht zu bestimmen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 [ECLI:EU:C:2014:2005], Specht u.a. - Rn. 94). § 46 VwVfG, der über die Verweisung in § 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen maßgebliche Rechtsgrundlage ist, kann daher grundsätzlich Anwendung finden.

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Die Verletzung der in Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 enthaltenen Verpflichtung zum Erlass eines einzigen Bescheids für alle in dem Betrieb gleichzeitig durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen stellt aber keinen bloßen Verfahrens- oder Formfehler im Sinne des § 46 VwVfG dar. Durch die Einbeziehung der Gebühren für weitere amtliche Lebensmittelkontrollen würden sich vielmehr der Regelungsgegenstand der Verfügung und damit die Entscheidung in der Sache verändern. Die Festsetzung einer einzigen Gebühr für alle in Rede stehenden Kontrolltätigkeiten ist in der Sache - und damit materiell-rechtlich - eine andere Entscheidung als die Festsetzung einer Gebühr nur für Schlachttier- und Fleischuntersuchungen oder für Rückstandsuntersuchungen. Es ist daher nicht zweifelsfrei, dass die Beklagte ohne den Fehler genauso entschieden hätte, wie dies für die Anwendung des § 46 VwVfG erforderlich wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2010 - 3 C 14.09 - BVerwGE 137, 199 Rn. 40 und vom 22. März 2012 - 3 C 16.11 - BVerwGE 142, 205 Rn. 20; zum engen Verständnis des Formfehlers auch BT-Drs. 13/3995 S. 8).

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Ob eine Gesamtbetrachtung aller betroffenen Gebührenbescheide im jeweiligen Festsetzungszeitraum zu einem entsprechenden Gesamtergebnis führen würde, ist insoweit nicht maßgebend. Entscheidung im Sinne des § 46 VwVfG ist die im angefochtenen Verwaltungsakt konkret getroffene Regelung (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <228>; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 46 Rn. 50). Die hier im jeweils angefochtenen Bescheid festgesetzte Gebühr würde sich nach Grund und Höhe ändern, wenn sie nicht gesondert für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bzw. die Rückstandsuntersuchungen nach dem nationalen Rückstandskontrollplan erhoben würde, sondern eine Gesamtgebühr für alle im selben Kalendermonat im Betrieb der Klägerin durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen, also auch die BSE-Schnelltests und die Hygienekontrollen (vgl. UA Rn. 34), festgesetzt würde.

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Warum und inwieweit aus Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV anderes folgen könnte, legt die Beschwerde nicht dar.

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cc) Der weiter bezeichneten Frage:

"Ist die zuständige Kontrollbehörde aufgrund der Pflicht zur Erhebung von Gebühren für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungskontrollen nach Art. 26 und Art. 27 Abs. 2 VO 882/2004 zur angemessenen finanziellen Ausstattung der Kontrollbehörden in Verbindung mit der Pflicht zur effektiven Durchsetzung des Unionsrechts gemäß Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV ermächtigt, einen oder mehrere nach nationalem Recht bestandskräftige Gebührenbescheide auch dann noch aufzuheben, wenn die Aufhebung erforderlich ist, um eine Unionsrechtswidrigkeit dieses oder anderer Gebührenbescheide zu beseitigen und dem Gebührenschuldner durch die Aufhebung kein materieller Rechtsnachteil entsteht?"

fehlt die Entscheidungserheblichkeit. Sie nimmt auf nicht tragende Ausführungen im Berufungsurteil Bezug. Rechtskräftige Aussagen hierzu könnte das Bundesverwaltungsgericht auch im Falle der Zulassung der Revision nicht treffen.

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Zu Recht hat die Beschwerde indes auf die durch Art. 26 und Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 etablierte Gebührensystematik verwiesen. Das unionsrechtlich harmonisierte Finanzierungssystem für amtliche Kontrollen soll einerseits eine angemessene Finanzausstattung der für die amtlichen Kontrollen zuständigen Behörden sicherstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2018 - 3 C 17.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:280618B3C17.16.0] - juris Rn. 22); es bezweckt andererseits Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, die sich aus der Anwendung von je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Regeln ergeben könnten (vgl. EuGH, Urteil vom 9. September 1999 - C-374/97 [ECLI:EU:C:1999:397], Feyrer - Rn. 40; vgl. zum zusätzlichen Ziel der Transparenz EuGH, Urteil vom 19. März 2009 - C-270/07 [ECLI:EU:C:2009:168], Kommission/Deutschland - Rn. 40 ff.). Diese Ziele würden gefährdet, wenn durch nationale Rechtsvorschriften die unionsrechtlich vorgeschriebene Gebührenerhebung in bestimmten Fällen eingeschränkt oder ausgeschlossen würde (EuGH, Urteile vom 30. Mai 2002 - C-284/00 [ECLI:EU:C:2002:315], Stratmann - Rn. 58 und vom 16. Oktober 2003 - C-423/01 [ECLI:EU:C:2003:550], Färber - Rn. 23). Eine Unterschreitung der Mindestbeträge ist nur unter den unionsrechtlich vorgegebenen Ausnahmevoraussetzungen des Art. 27 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zulässig (vgl. OVG Münster, Urteil vom 2. Juni 2014 - 17 A 2158/13 - juris Rn. 76). Der Eintritt von Bestandskraft aufgrund einer innerstaatlichen Festsetzungsverjährung gehört nicht zu den anerkannten Abweichungsgründen.

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Die vom Berufungsgericht - als obiter dictum - geäußerte Auffassung, ein Gesamtgebührenbescheid könne wegen der bereits eingetretenen Bestandskraft der Gebührenbescheide für die anderen amtlichen Kontrollen (Hygienekontrollen im Zerlegungsbetrieb, BSE-Schnelltests) im selben Festsetzungszeitraum nicht mehr festgesetzt werden, könnte daher Bedenken begegnen. Sollten die landesrechtlichen Bestimmungen zur Hemmung der Festsetzungsverjährung (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Verwaltungskostengesetzes) eine Erfassung aller amtlichen Kontrollen im Festsetzungszeitraum als Bestandteile "einer einzigen Maßnahme" im Sinne des Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht zulassen, wären unionsrechtliche Überlagerungen zu prüfen. Der Grundsatz der Verfahrensautonomie wird durch den Effektivitätsgrundsatz beschränkt: Danach darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Bei der Anwendung nationaler Verfahrensvorschriften muss dem Interesse der Union in vollem Umfang Rechnung getragen werden (EuGH, Urteil vom 21. September 1983 - C-205/82 [ECLI:EU:C:1983:233], Deutsche Milchkontor GmbH - Rn. 32). Die zuständige Behörde ist etwa trotz der nach nationalem Recht eingetretenen Bestandskraft zur Rücknahme eines unionsrechtswidrigen Bewilligungsbescheids verpflichtet (EuGH, Urteil vom 20. März 1997 - C-24/95 [ECLI:EU:C:1997:163], Alcan - Rn. 38). Entsprechendes dürfte jedenfalls für die Geltendmachung der unionsrechtlichen Mindestgebühren gemäß Art. 27 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 gelten.

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dd) Entsprechendes gilt für die Frage:

"Ist eine von einer nationalen Kontrollbehörde durch einen rechtswidrigen Gebührenbescheid im Rahmen der VO 882/2004 erhobene Gebühr 'zu Unrecht' im Sinne des Art. 27 Abs. 9 VO 882/2004 erhoben und muss erstattet werden oder steht Art. 27 Abs. 9 VO 882/2004 einer Erstattung entgegen, wenn die zuständige Behörde bei rechtmäßigem Handeln einen Gebührenbescheid in gleicher Höhe erlassen müsste (eine Erstattung daher materiell zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Gebührenschuldners führen würde)?"

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Auch sie ist nicht entscheidungserheblich, weil sie auf Prämissen beruht, die vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden sind (§ 137 Abs. 2 VwGO). Wie bereits dargelegt, müsste die Beklagte bei Beachtung der in Art. 27 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 enthaltenen Verpflichtung zum Erlass eines einzigen Bescheids für alle in dem Betrieb gleichzeitig durchgeführten amtlichen Lebensmittelkontrollen nicht einen Gebührenbescheid in gleicher Höhe erlassen. Ein diesen Anforderungen entsprechender Gebührenbescheid wäre vielmehr in Grund und Höhe anders als der angefochtene Verwaltungsakt.

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Da der konkrete Gebührenbescheid teilweise aufgehoben wurde und damit insoweit auch keine Rechtsgrundlage für die Zahlung der Klägerin darstellt, ist die Beklagte in diesem Umfang zur Rückgewähr des Erlangten verpflichtet. Dass und warum Art. 27 Abs. 9 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 dem entgegenstehen sollte, legt die Beschwerde nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. Ein ohne gültige Gebührenfestsetzung (und unter Verstoß gegen Art. 27 Abs. 7 der Verordnung <EG> Nr. 882/2004) geforderter Kostenbeitrag ist zu Unrecht erhoben.

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Die mit der Rüge in der Sache in Bezug genommene Frage, ob die Beklagte die materielle Gebührenschuld der Klägerin in einem neuen Verfahren noch geltend machen kann, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Sie betrifft nur eine vom Berufungsgericht als obiter dictum geäußerte Auffassung.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.