BAG 3. Senat, Urteil vom 11.04.2019, 3 AZR 92/18

Das Urteil unter dem Aktenzeichen 3 AZR 92/18 (BAG)

vom 11. April 2019 (Donnerstag)


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Betriebliche Altersversorgung - Anpassung - Auslegung einer Versorgungszusage - Gesamtversorgung - Gesamtrentenfortschreibung

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2017 - 4 Sa 60/17 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung einer dem Kläger von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung.

2

Der Kläger war vom 1. Juli 1974 bis zum 31. Januar 2009 bei der Beklagten - ein in den deutschen G-Konzern eingebundenes Lebensversicherungsunternehmen - tätig. Er bezieht seit dem 1. Februar 2009 von der Beklagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den „Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes“ (im Folgenden BVW). Diese lauten auszugsweise:

        

Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes          

        

…       

        
        

§ 1     

Zweck des Pensionsergänzungsfonds            

                 

Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlicher Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.

                 

Die als gezahlt geltenden Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer Leistungsträger bestimmt der § 5 Ausführungsbestimmungen.

                          
        

§ 2     

Berechtigter Personenkreis            

        

1.    

Die Pensionsergänzung wird solchen Betriebsangehörigen gewährt, die beim Eintritt des Versorgungsfalls mindestens 10 Jahre in einem festen Anstellungsverhältnis zur Volksfürsorge Unternehmensgruppe stehen und einen Anspruch auf Rentenleistungen aus der Versorgungskasse besitzen. …

        

…       

        
        

§ 4     

Ergänzungen, Änderungen der Bestimmungen            

        

1.    

Die Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes können auf Antrag des Vorstandes der Volksfürsorge nach Zustimmung des Gesamtbetriebsrates/Betriebsrates ergänzt oder geändert werden … Der gemeinsame Beschluß ersetzt die bisherige Grundbestimmung.

        

…       

        
        

3.    

Die Ausführungsbestimmungen zu den Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes können vom Vorstand der Volksfürsorge nach Zustimmung des Gesamtbetriebsrates/Betriebsrates ergänzt oder geändert werden. …

        

…       

        
        

§ 6     

Inkrafttreten            

        

1.    

Die Grund-, Ausführungs- und Übergangsbestimmungen sind am 01.01.61 in Kraft getreten. …

        

…       

        
        

Ausführungsbestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes            

        

…       

        
        

§ 4     

Höhe der Gesamtversorgungsbezüge            

                 

Die für die Bemessung der Pensionsergänzung maßgebenden Gesamtversorgungsbezüge werden wie folgt festgesetzt:

        

1.    

Gesamt-Ruhebezüge und Gesamt-Invaliditäts-bezüge

                 

Die für den Fall des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente der Versorgungskasse zu gewährenden monatlichen Gesamt-Ruhebezüge bzw. Gesamt-Invaliditätsbezüge betragen 40 % plus soviel Prozent, wie Dienstjahre bis zum Eintritt des Versorgungsfalles verflossen sind, höchstens jedoch 70 % des pensionsfähigen Arbeitsentgelts nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen.

        

…       

        
        

§ 5     

Zusammensetzung der Gesamtversorgungsbezüge            

                 

Erreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig.

        

1.    

Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge sind:

        

1.1     

die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. ...

        

1.2     

die Renten aus der freiwilligen Höherversicherung bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit für sie ein freiwilliger Firmenzuschuß seitens der Volksfürsorge geleistet wurde;

        

…       

        
        

1.6     

Rentenleistungen aus der Versorgungskasse und die ihnen gleichgestellten sonstigen betrieblichen Versorgungsleistungen;

        

…       

        
        

2.    

Einschränkungen bei der Gewährung der Pensionsergänzung

        

…       

        
        

2.2     

Der Pensionsergänzungsfonds soll keine nach dem 25. Lebensjahr liegenden Lücken in der Gesamtversorgung der Betriebsangehörigen oder deren Hinterbliebenen ausgleichen, die darauf zurückzuführen sind, daß die Leistungen des Sozialversicherungsträgers oder der Versorgungskasse aus Gründen beeinträchtigt sind, die in der Person des Betriebsangehörigen selbst oder seiner Hinterbliebenen liegen. …

        

…       

        
        

Ausführungsbestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes            

        

…       

        
        

§ 6     

Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse            

        

1.    

Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt.

                 

(Der § 49 AVG ist durch Artikel 1 §§ 65 und 68 SGB (VI) neu gefaßt worden. Die Änderung ist am 01.01.92 in Kraft getreten).

        

2.    

Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

        

3.    

Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlußfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll.

                 

Der Beschluß ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.

        

4.    

Eine Erhöhung der Pensionsergänzungszahlung kann im Einzelfall nicht durchgeführt werden, soweit und solange die nach § 5 der Ausführungsbestimmungen anzurechnenden Bezüge und die nach § 4 der Ausführungsbestimmungen vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge, erreichen oder überschreiten.

                 

Betriebsangehörige, die eine Pensionsergänzung zu den Leistungen der Versorgungskasse zunächst nicht bekommen haben, weil ihre anzurechnenden Bezüge die vorgesehenen Gesamtversorgungsbezüge erreichen oder überschreiten, erhalten gegebenenfalls bei Veränderungen nach der Ziffer 1 oder 3 später eine Pensionsergänzung allein durch das in der Ziffer 1 oder 3 dargestellte Verfahren.“

3

Der Kläger erhielt - neben seiner gesetzlichen Rente - bis zum 30. Juni 2015 von der Beklagten eine Pensionsergänzung iHv. 4.519,17 Euro brutto sowie eine Rente der Versorgungskasse iHv. 971,95 Euro brutto.

4

Zum 1. Juli 2015 wurden die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 2,09717 vH erhöht.

5

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 mit, dass die Vorstände und Aufsichtsräte der G Versicherungen beschlossen haben, die „Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten unter Anwendung der in § 6 Ziffer 3 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes normierten Regelung zum 01.07.2015 für diesen Stichtag um 0,5 % zu erhöhen“.

6

Nach der Entscheidung der Beklagten sollten entweder die Gesamtversorgungsbezüge um 0,5 vH erhöht und sodann die - erhöhte - gesetzliche Rente sowie die Versorgungskassenrente abgezogen werden oder, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger war, lediglich die Pensionsergänzung um 0,5 vH erhöht werden. Da letztere Variante für den Kläger - wie letztlich für alle nach den BVW versorgungsberechtigten Betriebsrentner - günstiger war, wurde seine Pensionsergänzung um 0,5 vH gesteigert. Demgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 1. Juli 2015 eine Pensionsergänzung iHv. 4.541,77 Euro brutto. Zudem erhielt er weiterhin eine Rente der Versorgungskasse iHv. 971,95 Euro brutto.

7

Zum 1. Juli 2016 stiegen die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung um 4,2451 vH.

8

Der Vorstand der Beklagten beschloss nach Anhörung der Betriebsräte und des Gesamtbetriebsrats am 20. Juni 2016, die Gesamtversorgungsbezüge bzw. Renten zum 1. Juli 2016 um 0,5 vH zu erhöhen; sofern eine Anpassung der Pensionsergänzung um 0,5 vH für den Versorgungsempfänger günstiger sein sollte, sollte diese vorgenommen werden. Der Aufsichtsrat der Beklagten fasste am 22. Juni 2016 einen entsprechenden Beschluss. Ab dem 1. Juli 2016 gewährte die Beklagte dem Kläger eine Pensionsergänzung iHv. 4.564,48 Euro brutto. Von der Versorgungskasse erhielt der Kläger ab dem 1. Juli 2016 eine Rente iHv. 976,91 Euro brutto.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm ab dem 1. Juli 2015 eine höhere Pensionsergänzung zahlen. Nach § 6 Ziff. 1 der Ausführungsbestimmungen (im Folgenden AB) BVW hätten seine Gesamtversorgungsbezüge zum 1. Juli 2015 um 2,09717 vH und zum 1. Juli 2016 um weitere 4,2451 vH angehoben werden müssen. Abzüglich der gewährten Versorgungskassenrente, der gesetzlichen Rentenleistungen und bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten ergebe sich damit ab dem 1. Juli 2015 eine monatliche Differenz iHv. 92,56 Euro und ab dem 1. Juli 2016 iHv. insgesamt 302,88 Euro. Die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Jedenfalls seien ihre Voraussetzungen nicht erfüllt.

10

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn beginnend mit dem 1. September 2016 über den Betrag von 5.541,39 Euro brutto (der sich aus 976,91 Euro brutto und 4.564,48 Euro brutto zusammensetzt) hinaus jeweils zum 1. eines Monats einen Betrag iHv. 302,88 Euro brutto zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 1.716,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag iHv. 92,56 Euro seit dem 1. Juli 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. August 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. September 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. Oktober 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. November 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. Dezember 2015, auf 92,56 Euro seit dem 1. Januar 2016, auf 92,56 Euro seit dem 1. Februar 2016, auf 92,56 Euro seit dem 1. März 2016, auf 92,56 Euro seit dem 1. April 2016, auf 92,56 Euro seit dem 1. Mai 2016, auf 92,56 Euro seit dem 1. Juni 2016, auf 302,88 Euro seit dem 1. Juli 2016 und auf 302,88 Euro seit dem 1. August 2016 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Anpassung zum 1. Juli 2015 sei auf der Grundlage von AB § 6 Ziff. 3 BVW erfolgt. Die Regelung sei ausreichend bestimmt. Eine Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW sei aufgrund der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht vertretbar.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben, Zinsen jedoch erst ab dem Zweiten eines jeden Monats zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers hat es die Beklagte verurteilt, Rückstände iHv. insgesamt 4.745,28 Euro zzgl. Zinsen ab dem jeweiligen Zweiten eines Monats bis zum 2. Juni 2017 und unter Berücksichtigung einer Erhöhung der gesetzlichen Renten zum 1. Juli 2017 um 1,90476 vH ab dem 1. Juli 2017 über den Betrag von 5.646,94 Euro hinaus jeweils zum Ersten eines Monats einen Betrag iHv. 308,65 Euro brutto zu zahlen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

13

Die zulässige Revision der Beklagten bleibt erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist im noch rechtshängigen Umfang begründet.

14

I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 1. Er ist auf Zahlung wiederkehrender Leistungen iSd. § 258 ZPO gerichtet. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, können gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (vgl. statt vieler etwa BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 239/17 - Rn. 11 mwN).

15

II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die Gesamtversorgungsbezüge des Klägers nach AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW entsprechend der Steigerung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2015 um 2,09717 vH, zum 1. Juli 2016 um 4,2451 vH und zum 1. Juli 2017 um 1,90476 vH zu erhöhen und von dem sich ergebenden Betrag die gesetzliche Rente des Klägers sowie die Leistungen der Versorgungskasse in Abzug zu bringen. Daher schuldet sie dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis zum 30. Juni 2016 eine um 92,56 Euro monatlich höhere Pensionsergänzung, für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2017 eine um 302,88 Euro monatlich höhere Pensionsergänzung und ab dem 1. Juli 2017 eine um 308,65 Euro höhere Pensionsergänzung. Für die von der Beklagten vorgenommene - gesonderte - Erhöhung der Pensionsergänzung zum 1. Juli 2015 und zum 1. Juli 2016 iHv. 0,5 vH fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. AB § 6 Ziff. 3 Satz 1 BVW trägt diese Entscheidung nicht, sodass es bei der in AB § 6 Ziff. 1 BVW vorgesehenen Anpassung verbleibt. Dabei kann dahinstehen, ob es sich - wovon die Parteien ausgehen - bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung oder - wofür ggf. die Regelung in § 4 Ziff. 3 der Grundbestimmungen BVW spricht - um eine von der Beklagten einseitig aufgestellte Versorgungsordnung handelt, die den Arbeitnehmern in Form einer Gesamtzusage bekanntgegeben wurde. Zwar hängt es vom Rechtscharakter der BVW ab, welche Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Beide Auslegungsmethoden führen jedoch zu demselben Ergebnis. Danach berechtigt AB § 6 Ziff. 3 BVW die Beklagte nur dazu, die Gesamtversorgungsbezüge und damit das von den Arbeitnehmern erdiente Gesamtversorgungsniveau gleichmäßig zu verändern, nicht jedoch lediglich eine einzelne im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Leistung des Arbeitnehmers anzuheben.

16

1. Geht man davon aus, dass es sich bei den BVW um eine Betriebsvereinbarung handelt, wäre diese wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und damit wie Gesetze auszulegen.

17

a) Auszugehen ist vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (statt vieler BAG 8. Dezember 2015 - 3 AZR 267/14 - Rn. 22; 9. Oktober 2012 - 3 AZR 539/10 - Rn. 21).

18

b) Danach erlaubt AB § 6 Ziff. 3 BVW der Beklagten lediglich, die Gesamtversorgungsbezüge der Versorgungsberechtigten nach einem - im Vergleich zur Erhöhung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung geringeren - einheitlichen Prozentsatz zu verändern.

19

aa) Der Wortlaut von AB § 6 Ziff. 3 BVW ist allerdings nicht eindeutig.

20

(1) Nach AB § 6 Ziff. 3 BVW kann der Vorstand, wenn er die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Anpassung der gesetzlichen Renten gemäß AB § 6 Ziff. 1 BVW nicht für vertretbar hält, nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrats dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vorschlagen, was nach seiner Auffassung geschehen soll. Der vom Vorstand und dem Aufsichtsrat getroffene Beschluss ersetzt die Anpassung nach AB § 6 Ziff. 1 BVW. Die sprachlich weite Formulierung „was … geschehen soll“ könnte den Schluss darauf zulassen, dass die Organe der Beklagten auch berechtigt sein sollen, eine isolierte Erhöhung der einzelnen betrieblichen Bestandteile der Gesamtversorgung zu beschließen.

21

(2) Auch die einleitende Formulierung, „Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar“, liefert noch keinen weiteren Aufschluss darüber, was Bezugsobjekt der vom Vorstand und Aufsichtsrat zu treffenden Anpassungsentscheidung nach AB § 6 Ziff. 3 BVW sein soll. Einerseits könnte diese Formulierung dahin verstanden werden, dass sich der abweichende Beschluss gerade auf die „Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge“ bezieht und damit auch die gesonderte Anpassung der einzelnen betrieblichen Bestandteile der Gesamtversorgung ermöglichen soll. Andererseits bezieht sich die Regelung in AB § 6 Ziff. 3 BVW nicht lediglich auf eine bloße „Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge“, sondern nimmt auf eine Veränderung derselben „… nach Ziffer 1“ Bezug. Dies könnte wiederum dafür sprechen, dass sich das den Organen der Beklagten in AB § 6 Ziff. 3 BVW eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht nur auf den für die Gesamtversorgungsbezüge maßgeblichen Steigerungssatz beziehen, nicht aber die isolierte Anhebung der von der Beklagten gewährten Pensionsergänzung erlauben soll.

22

(3) Auch die Überschrift von AB § 6 BVW führt zu keinem klaren Verständnis. Die dort gewählte Formulierung „betriebliche Versorgungsbezüge“ übernimmt weder den ua. in AB § 4 Ziff. 1, § 5 Ziff. 1 und § 6 Ziff. 1 BVW verwendeten Begriff der „Gesamtversorgungsbezüge“ noch den im Übrigen in den BVW verwendeten Begriff der „Pensionsergänzung“.

23

bb) Der systematische Zusammenhang mit AB § 6 Ziff. 4 BVW spricht dafür, dass AB § 6 Ziff. 3 BVW keine - auch keine prozentual gleichmäßige - Anpassung der den Arbeitnehmern jeweils gezahlten Pensionsergänzung erlauben soll.

24

Die Regelung in AB § 6 Ziff. 4 BVW beschreibt in ihrem ersten Absatz eine nur bei der Zusage einer Gesamtversorgung denkbare Situation: Danach ist dem Arbeitnehmer auch bei einer Anpassung seiner Gesamtversorgungsbezüge nach AB § 6 Ziff. 1 und Ziff. 2 BVW von der Beklagten keine - erst recht keine höhere - Pensionsergänzung zu zahlen, wenn und soweit die ihm gewährten und nach Maßgabe von AB § 5 BVW anzurechnenden Leistungen seine sich nach AB § 4 BVW zu berechnenden Gesamtversorgungsbezüge erreichen oder sogar übersteigen. Allerdings kann sich - wie AB § 6 Ziff. 4 Unterabs. 2 BVW dies vorsieht - in solchen Fällen ein erstmaliger Anspruch auf eine Pensionsergänzung gegen die Beklagte ergeben, wenn im Rahmen einer Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge entsprechend der Anhebung der gesetzlichen Renten eine „Lücke“ bei der nach AB § 4 Ziff. 1 BVW zu erreichenden Gesamtversorgungsbezüge auftritt, weil die von der Versorgungskasse gezahlte - auf die Gesamtversorgung nach AB § 5 Ziff. 1.6 BVW anzurechnende -, nur durch Überschussanteile erhöhte Rente der Versorgungskasse nicht entsprechend steigt. Der Regelung in AB § 6 Ziff. 4 Unterabs. 2 BVW liegt damit die Vorstellung zugrunde, dass durch eine Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge „Versorgungslücken“ bei der zu erreichenden Gesamtversorgung entstehen können. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich die Norm dabei allerdings nicht nur auf das in AB § 6 Ziff. 1 BVW vorgesehene Anpassungsverfahren, sondern erfasst das „in der Ziffer 1 oder 3 dargestellte Verfahren“. Bei diesem kann die Wirkungsweise, die AB § 6 Ziff. 4 Unterabs. 2 BVW zugrunde liegt, jedoch nur eintreten, wenn die vom Vorstand und Aufsichtsrat beschlossene - geringere - prozentuale Steigerung bei den Gesamtversorgungsbezügen, nicht jedoch bei der Pensionsergänzung ansetzt. Damit lässt die Regelung darauf schließen, dass die Betriebsparteien - unterstellt es läge eine Betriebsvereinbarung vor - die Organe der Beklagten in AB § 6 Ziff. 3 BVW lediglich zu einer solchen Entscheidung ermächtigen wollten.

25

cc) Der weitere Regelungszusammenhang liefert ebenfalls entscheidende Anhaltspunkte dafür, dass AB § 6 Ziff. 3 BVW die Beklagte lediglich zu einer -